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Wenn die Erstkommunion verschoben wird

Erstkommunikanten

Manche Erstkommunikanten und ihre Eltern bedauern, dass der Weisse Sonntag ausgefallen ist. Mädchen und Jungen in der zweiten oder dritten Klasse konnten eine Woche nach Ostern nicht feierlich in die Kirche einziehen, weisse Kleider tragen, festliche Musik hören und erstmals kommunizieren.

Von Stephan Leimgruber

Der Weisse Sonntag ist heuer wegen der Coronaviren, die ansteckend sind, ausgefallen. Es dürfen jetzt keine öffentlichen Gottesdienste mit vielen Leuten gefeiert werden - der Gesundheit wegen und sogar um des Lebens willen. Die Erstkommunion wird verschoben.
Trotzdem können wir vieles dafür tun! Das verschobene Fest macht uns religiös und sozial kreativ! Am Radio hören wir unablässig, wir sollten zuhause bleiben. Gerade in den eigenen vier Wänden ist viel indirekte Kommunionvorbereitung möglich.

Um was geht es eigentlich?

Im Zentrum des Erlebens vieler Kinder und Eltern steht das Fest in allen Farben. Katechetinnen, Eltern und Paten geben sich jede erdenkliche Mühe, damit das Fest gelingt und in der Erinnerung der Kinder bleibt. Es gibt Geschenke, ein gutes Essen und manche Überraschung. Oft vergessen wir aber die Hauptperson, um die es am Weissen Sonntag geht, nämlich Jesus Christus. Er wird oft an den Rand geschoben, einige haben ihn nach dem Festtag wieder aus dem Sinn! Wichtig aber ist, dass die Kinder eine bleibende personale Beziehung zu Jesus aufbauen, dass sie Jesus kennenlernen, dass sie beginnen, auf ihn zu achten und das selbstbestimmte Leben nach ihm auszurichten. Der grosse Schweizer Pädagoge Fritz Oser hat von der «Jesus-Beziehung» gesprochen. Er stellte die Frage, wie ein Kind eine Jesus-Beziehung aufbauen kann in einer Welt, die weltlich geworden ist? Wir fragen auch für das Jahr 2020: Was können Eltern und Paten dazu beitragen, dass der verlegte  Weisse Sonntag den Beginn eines Lebens mit Jesus Christus und mit der Eucharistie als sinnstiftender Mitte wird?

Mit Jesusgeschichten leben lernen

Kinder und Erwachsene leben mit Geschichten. Geschichten zeigen auf, woher wir kommen, zu wem wir gehören und welche Motive uns leiten. Für Christinnen und Christen sind die Jesusgeschichten von entscheidender Bedeutung. Sie illustrieren, wie Jesus gelebt und geliebt hat, welche Akzente er im Leben gesetzt hat und was er sagen wollte.

Die bekannte Geschichte von Zachäus (Lukasevangelium 19,1-10) erzählt uns, wie Jesus auf den kleinwüchsigen Zöllner Zachäus zugegangen ist. Jesus wollte bei ihm Gast sein, mit ihm essen und trinken. Und Zachäus hat sich verändert und vierfach zurückerstattet, was er zu viel an Zoll verlangte. Es gibt Bibelstellen, die Jesus als Freund der Kinder darstellen: Matthäus 18,2-5; Matthäus 19,13-15; Lukas 18,15-17. Einmal hat Jesus ein Kind in die Mitte gestellt und es als Beispiel des Vertrauens zu Gott verstanden. Jesus hat kranke Menschen besucht, mit ihnen gesprochen und ihnen Heilung an Leib und Seele geschenkt. Er hat eine Frau mit einem gekrümmten Rücken geheilt (Lukas 13,10-19) und einem blinden Bettler das Augenlicht geschenkt (Markus 10,46-52).

Es gibt Kinderbibeln z.B. von Vreni Merz, in denen sind die Jesusgeschichten mit Bildern dargestellt. Oft zeichnen Kinder solche Geschichten oder malen sie aus, um Jesus zu vergegenwärtigen und ihn schätzen zu lernen. Die Jesusgeschichten eröffnen einen kindgerechten Zugang zu Jesus und sie bereiten gut auf die Erstkommunion vor. Im Hinblick auf das erstmalige  Gastsein am Tisch des Herrn legen sich die Mahlgeschichten Jesu nahe. Ihm war es wichtig, mit den Jüngern und Jüngerinnen zu essen und zu feiern (vgl. Lukas 5,10-17; Johannes 6,1-58).

Biographisches Erzählen wagen

Interessant für Kinder ist ferner, wenn ihre Eltern und Paten aus ihrer eigenen Lebensgeschichte erzählen. Wie haben sie ihre eigene Erstkommunion vor gut dreissig Jahren erlebt? Was ist ihnen in Erinnerung geblieben? Gibt es vielleicht Emotionen, Freuden oder Missgeschicke, die sie nicht vergessen haben? Können sie noch Gebete und Lieder aus dieser Zeit? Welches Andenken haben sie erhalten? Wer war dabei beim Gottesdienst, beim Familienfest, beim Ausflug? Es ist für Kinder wunderbar, wenn ihnen Eltern und Paten aus ihrer Zeit der Erstkommunion erzählen. Äusserliches, Nebensächliches und wichtige persönliche Erfahrungen!

Das Beten einüben

Gestern habe ich im aufgelegten Fürbittbuch unserer Kirche Folgendes gelesen, das wohl eine Mutter geschrieben hat: «Heute ist mein Vater gestorben, ich kann bei der Beerdigung nicht dabei sein wegen Corona: Gott, nimm meinen Vater auf!» - Als ich den Satz gelesen hatte, merkte ich erst allmählich, was sich im Leben dieser Frau abgespielt hat. Sie hat ihren Vater verloren und konnte sich nicht von ihm verabschieden. Deshalb sprach sie ein Gebet zu Gott.

Beten ist nicht schwierig. Beten ist das Atmen der Seele. Wir dürfen all unsere Widerfahrnisse, alles, was wir erleben und erleiden, vor Gott ausbreiten und ihm anvertrauen. Er hört und sieht unsere Nöte. Er weiss um die Kranken und Sterbenden. Er kennt die Sorgen wie auch die Glücksmomente der Kinder und Jugendlichen. Es gibt auch vorformulierte Gebete wie das Vaterunser, das Ave Maria, das Bruderklausen-Gebet «mein Herr und mein Gott» und weitere. Die Erstkommunikanten lernen das Vaterunser zuhause oder in der Katechese. Sie sprechen es miteinander im Erstkommunion-Gottesdient. Darin steht der Satz «Gib uns heute unser tägliches Brot!» - Noch immer gibt es Kinder, die zu wenig zu essen haben. Gerade jetzt verlieren Menschen ihre Arbeit, die den Lebensunterhalt garantiert. Beten heisst, unsere Seele zu Gott zu erheben. Beten bedeutet, weg von uns und hin zu anderen und zu Gott zu denken. Beten ist danken, das uns entlastet. Einige beten oder singen vor dem Essen, das nicht selbstverständlich auf dem Tisch steht. Vielleicht darf man in dieser Zeit eine Kirche besuchen, um dort zu beten und Stille zu erfahren. Es geht nicht um traditionalistische Frömmelei, sondern um authentisches ehrliches Beten. Papst Franziskus betete mit fester Stimme auf dem Petersplatz in Rom: Herr, verlass uns nicht!

Mit Symbolen arbeiten

Viele christliche Familien haben in ihrer Wohnung irgendwo ein herkömmliches oder ein modernes Kreuz aufgehängt. Einige haben ein solches Symbol bei der Erstkommunion erhalten. Wir Menschen tauschen symbolische Gesten und Handlungen aus, etwa Blumen oder andere Geschenke, um die gegenseitige Zuwendung zum Ausdruck zu bringen. Geschenke erhalten die Liebe. Symbole geben oft zu denken, denn sie sprechen unsere efühle an und haben eine tiefere Bedeutung. Sie helfen uns, das Leben reicher zu gestalten. Das eminent wichtige Zeichen bei der Erstkommunion ist das gesegnete und verwandelte Brot. Die Hostie empfangen bedeutet, mit Jesus in Kontakt zu treten und an seinem Leben Anteil erhalten. Mutter Teresa sagte, sie könne keinen Tag ohne diese Gemeinschaft mit Jesus Christus im heiligen Brot leben.

Nicht vergessen: Gutes tun!

Zur Erstkommunion gehört ganz selbstverständlich, nicht nur an sich selbst zu denken, sondern auch an jene, denen es schlecht, ja miserabel geht. Die Fastenzeit zeigt Wege auf, für die Menschen in der Dritten Welt Gutes zu tun: Es gibt auch Menschen in unserer Nähe, die uns brauchen oder die von uns eine kleine gute Tat erwarten: Einen Gruss, ein gutes Wort, eine helfende Tat. In der Coronakrise brauchen wir vermehrte Kommunikation, um das emotionale Gleichgewicht zu wahren. Jedenfalls können wir nicht in Ruhe am Altar Jesus Christus begegnen, indem das Brot geteilt wird, ohne an die Armen zu denken und sie in unser Handeln einzubeziehen. Es gibt benachteiligte Kinder, die einfühlsam andere Menschen einbeziehen. Es gibt Tränen, die Trost erwarten. Unsere Kinder müssen die soziale Dimension des Christseins einüben. Patinnen und Paten, die letztlich gute Bezugspersonen der Erstkommunikanten sind, sollen und können hier beispielhaft wirken.

Der Jugendseelsorger Giovanni Bosco in Turin hat das geflügelte Wort geprägt: «Fröhlich sein, Gutes tun, und die Vögel pfeifen lassen.» - Selbst wenn das Erstkommunionfest auf den Herbst oder das nächste Jahr verlegt wird, können wir es gut auch zuhause weiter und tiefer vorbereiten. Möglich wäre ferner, sobald es in der Kirche wieder Gottesdienste gibt, mit den Eltern zusammen und in Absprache mit dem Pfarrer erstmals zur Kommunion zu gehen und dann später mit der Klassengemeinschaft.