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«Unsere Jugendlichen verstehen sich heute eher als Christen denn als Katholiken.»

Firmung mit Weihbischof Denis Theurillat

Weihbischof Denis Theurillat engagiert sich gerne für Jugendliche, seit 1997 auch als Firmspender. Bis zu 40 Mal pro Jahr spendet er im Bistum Basel das Sakrament der Firmung. Ein Interview über Lebens- und Glaubensfragen jugendlicher und erwachsener Firmand/-innen.

Interview: Anouk Hiedl

Weihbischof Denis, wie haben Sie Ihre eigene Firmung erlebt?
Ich wurde mit neun Jahren gefirmt, einige Monate nach meiner Erstkommunion. Mit meiner Familie, meinem Firmpaten, den ich ausgesucht hatte, und der Kirchgemeinde meines kleinen Dorfes Epauvillers war es ein Freudentag. Die Ankunft und Präsenz des Firmspenders Bischof François von Streng – vor bald 60 Jahren – war ein Ereignis! An die Firmfeier selbst erinnere ich mich kaum. Ich weiss noch, wie ich vor dem Bischof stand. Was die Firmung für mich bedeutete, kann ich allerdings nicht sagen, ich war noch ein Kind.

Wie begleiten Sie Jugendliche auf ihrem Weg zur Firmung?
Es ist mir sehr wichtig, die Firmand/-innen vor dem grossen Tag einmal zu treffen. Das geht sicher allen Firmspendern so. Dabei können wir uns ein wenig kennenlernen, uns austauschen und Fragen stellen. Ich kann den Firmlingen sagen, was mir am Herzen liegt: Man wird nur einmal im Leben gefirmt. Deshalb lohnt es sich, sich gut darauf vorzubereiten. Selbstverständlich vergessen wir auch den Heiligen Geist nicht und schliessen unsere Momente des Nachdenkens oft mit einem Gebet ab. Ich schenke den Firmand/-innen jeweils mein Lieblingsgebet an den Heiligen Geist und lade sie ein, dieses bis zu ihrer Firmung täglich zu beten. Danach wünschen wir uns bis dahin alles Gute auf unserem Weg.

«Man wird nur einmal im Leben gefirmt. Deshalb lohnt es sich, sich gut darauf vorzubereiten.»

Ist Ihre Begleitung vor der Firmung von Erwachsenen anders?
Erwachsene laden wir zu einem gemeinsamen Abend im bischöflichen Ordinariat ein. Die Stimmung ist jeweils ganz anders, dies auch, weil sich die Gruppe nicht kennt – im Gegensatz zu den Jugendlichen, die sich gemeinsam auf ihre Firmung vorbereiten. Es beeindruckt mich immer wieder, wenn sich erwachsene Firmand/-innen vorstellen: Jeder Lebensweg ist anders. Ebenso unterschiedlich sind die Glaubenswege. Bereichernd ist, dass uns ein biblischer Text zusammenbringt. Wir versuchen, uns zu vermitteln, was uns die anstehende Feier bedeutet und den Reichtum sowie die Schönheit des Sakraments zu entdecken. Zum Glück werden die erwachsenen Firmkandidat/-innen in ihrer Pfarrei oder ihrem Pastoralraum auf die Firmung vorbereitet. Sonst wäre unser gemeinsame Abend zwar schön, aber mehr als unzulänglich. Ich freue mich aufs Wiedersehen bei der Firmung, und an diese erinnere ich mich immer gern.

«Jeder Lebensweg ist anders. Ebenso unterschiedlich sind die Glaubenswege.»

Wenn Sie an Ihre ersten Firmlinge von 1997 denken: Hat sich die Einstellung der Jugendlichen dem katholischen Glauben, der Firmung und dem Heiligen Geist gegenüber verändert?
Jugendliche bleiben Jugendliche. Sie sind wunderbar, voller Leben, voller Möglichkeiten, voller Projekte und haben v. a. oft «supervolle», durchgeplante Tage. Das heisst nicht, dass einige nicht schon mit schwierigen Lebensrealitäten konfrontiert sind. Ich finde nicht, dass sich ihre Wahrnehmung oder Haltung dem katholischen Glauben, der Firmung oder dem Heiligen Geist gegenüber verändert hat. Unsere Jugendlichen verstehen sich heute eher als Christen denn als Katholiken. Ihre Fragen aber bleiben dieselben: Jesus Christus? Das Evangelium? Die Kirche? Auch zur Firmung und zum Heiligen Geist tauchen dieselben Fragen auf, und das ist gut so: Was bringt die Firmung? Ist sie wirklich so wichtig? Wie können wir den Heiligen Geist im Leben, in unserem Leben, erfahren? Somit stelle ich keinen grossen Sinneswandel bei den Jungen fest. Ihr Alltag aber hat sich verändert. Die Jugendlichen leben heute in einer unruhigen Welt, die stets mehr auf der Suche und in Bewegung ist. Da ist es nicht immer einfach, seinen Platz zu finden und sich in Ruhe spirituell auf die Firmung vorzubereiten. Aber wir sind alle unterwegs – oder wir versuchen es wenigstens. Und das ist sehr schön.

«Die Fragen der Jugendlichen bleiben dieselben.»

Unterscheiden sich die Fragen von Jugendlichen und Erwachsenen?
Im Grossen und Ganzen sind die Fragen ähnlich. Unterschiede ergeben sich aus Erlebtem und den Beweggründen für die Firmung. Denken wir an die Erwachsenen: Führt ein jahrelanger Glaubensweg zum Wunsch nach der Firmung? Handelt es sich um eine Konversion oder den Wunsch, katholisch zu werden? Oder ist die Firmung notwendig, um kirchlich heiraten zu können? Bei Jungen ist die Firmung ein weiterer Teil des Glaubenswegs, den die Kirche vorschlägt. Dabei gewinnen die Firmung als bewusstes Ja zum Glauben und ihr nachfolgendes Engagement an Bedeutung.

Welche Fragen begegnen Ihnen immer wieder, welche sind individueller?
Wiederkehrende Fragen sind solche zu mir und meinem Leben: Warum bin ich Priester, dann Bischof geworden? Welches sind meine Hobbies? Wie bete ich? Was wünsche ich mir für die Welt? Zu den individuelleren Fragen gehören z. B.: Was ist der Sinn des Lebens? Was bringt der Glaube? Wie kann mein Leben gelingen? Was kann ich bringen, schaffen, aufbauen?

Welche Firmung ist Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?
Vor etwa fünf Jahren bin ich in einem Pfarrhaus angekommen. Der Priester empfing mich mit einem Lächeln und sagte mir schliesslich: «Sie haben es bereits erfahren, ein junges Mädchen, das heute Abend gefirmt worden wäre, ist vor einigen Wochen gestorben. Sind Sie einverstanden, nach der Firmung gemeinsam mit den Eltern ans Grab des Mädchens zu gehen?» «Aber sicher», antwortete ich. Die Eltern des Mädchens waren bei diesem bewegenden und unvergessenen Firmgottesdienst dabei. Es war Fastenzeit, und mit den Jugendlichen versuchten wir, den Glauben an Christi und unsere Auferstehung zu feiern. Als es Nacht wurde, gingen wir zu viert auf den Friedhof. In diesem Moment intensiver Ergriffenheit war es weder möglich, viel zu sagen noch viel zu beten. Aber wir erinnerten uns an das, was wir in der Kirche gefeiert hatten: Dass das Leben stärker ist als der Tod, und dass der Heilige Geist unseren armen, sterblichen Körpern wieder zu Leben verhilft. Das ist unsere christliche Hoffnung. Diese Firmung hat mich am meisten geprägt. In solchen Momenten nehmen wir am Leben der Menschen teil, und unsere zahlreichen Dokumente und Konzepte bleiben in der Schublade. Die Seelsorgenden wissen das noch besser als ich.