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«Den Glauben bei allen Generationen ins Spiel bringen»

Am 13. Mai 2017 ist es soweit: Feierlich wird Bischof Felix den letzten geplanten Pastoralraum des Kantons Bern in Lyss errichten. Der neue Pastoralraum Seeland wird die Pfarreien Lyss, Büren an der Aare und Ins umfassen. Auf dem Weg dazu gab es Rückenwind, Richtungsänderungen und Stolpersteine – im Interview berichtet das Leitungsteam Marie-Louise Beyeler und Matthias Neufeld darüber.

Interview: Anouk Hiedl

Frau Beyeler, Herr Neufeld, was w ird für die katholischen Gläubigen des Seelands damit anders?

M.-L. Beyeler: Sie gehören jetzt zur einen grossen Pfarrei Seeland. Das mag für einige auch mit Wehmut verbunden sein – die einzelnen Pfarreien sind recht „jung“, es gibt bei vielen Gläubigen noch Erinnerungen an die Gründerzeiten und damit auch eine starke Identifikation mit „ihrer“ Pfarrei. Wir stellen jedoch fest, dass die Gläubigen vermehrt beides schätzen: Gottesdienste, Wallfahrten oder andere Anlässe, für die man auch gerne ein Stück fährt, daneben aber auch das von allen getragene kirchliche Leben in den Pfarreizentren.

M. Neufeld: Wir haben unsere Gläubigen während des Pastoralraumprojekts gefragt, was es für sie bedeutet, wenn die bisherigen Pfarreien zu einer neu umschriebenen Pfarrei zusammenwachsen. Wichtig ist für die Menschen die Beheimatung vor Ort und dass sie eine Ansprechperson haben. Das deckt sich mit der Beobachtung aus der Situationsanalyse – die Pfarreizentren sind Anknüpfungs- und Knotenpunkte für das kirchliche Leben im Seeland. In dieser Hinsicht wird sich gar nicht so viel ändern. Auch im neuen Pastoralkonzept legen wir Wert auf die Entwicklung und Pflege des kirchlichen Lebens an unseren vier Standorten in Ins, Täuffelen, Lyss und Büren a. A.

Setzen Sie neue Schwerpunkte?

M. Neufeld: Das Pastoralkonzept gibt die Möglichkeit, wichtige Themen so zu verankern, dass die Seelsorgenden sich ihnen kontinuierlich und nachhaltig widmen können. Ein wichtiges Thema bei uns sind z. B. die Flüchtlinge. Von der Pfarrei Lyss ausgehend hat sich in den vergangenen Jahren die Freiwilligengruppe „Tea & Talk“ gebildet, die zusammen mit dem Durchgangszentrum Aktivitäten für die Asylanten durchführt. Eines unserer neuen Ziele wird sein, diese Freiwilligengruppe strategisch zu fördern. Ein weiterer Schwerpunkt – „Kultur und Dialog“ – steht im Zeichen des Dialogs mit der Gesellschaft, mit Kunst und Kultur und mit den Religionen in unserem Umfeld. Hier geht es letztlich um das Motto „den Glauben ins Spiel bringen“ aus dem pastoralen Entwicklungsplan.

M.-L. Beyeler: Ja, zum Beispiel im Bereich Diakonie. Wichtige Anliegen sind die Synergie-Nutzung und das Zusammenfassen bisheriger Tätigkeiten. An allen Standorten wird viel getan, nun wollen wir unsere Aktivitäten koordinieren. Auch in der Katechese wird möglichst bald ein Konzept erarbeitet, das die Zusammenarbeit ermöglicht und fördert. Dabei wollen wir der Tatsache Rechnung tragen, dass sich die Katechese verändert hat: Wir möchten uns vermehrt dafür einsetzen, den Glauben bei allen Generationen ins Spiel zu bringen.

Gibt es ein Thema, das die Gläubigen im Pastoralraum begleitet?

M.-L. Beyeler: Im Lauf des Prozesses haben wir das Leitbild vom Seelsorgenetz entwickelt: Wir wollen miteinander dafür sorgen, dass im ganzen weiten Gebiet der neu umschriebenen Pfarrei Seelsorge geschieht, dass Mitarbeitende und Freiwillige für Menschen in unterschiedlichsten Lebenssituationen da sind.

M. Neufeld: Mit unserem „Seelsorgenetz“ setzen wir den Auftrag des Bistums um, „auf vielfältigere Weise Menschen nahe zu sein“. Im Blick auf die Gemeinschaft und die Zusammenarbeit im Pastoralraum ist es das Ziel, dass möglichst alle vernetzt sind und das Netz halten. Im Blick auf die konkrete Seelsorge ist es der Wunsch, dass Menschen ins Netz greifen und von ihm gehalten werden.

Was lief bei den Vorbereitungen des Pastoralraums gut? Was bereitete Schwierigkeiten?

M. Neufeld: Die Voraussetzungen für das Pastoralraumprojekt waren sehr gut. Die Pfarreien gehörten zu einer Kirchgemeinde, die das Projekt unterstützt. Die Seelsorgenden kamen seit Jahren regelmässig zu Koordinationssitzungen und für die Planung gemeinsamer Anlässe zusammen. Schwierig bzw. komplex wurde es, als wir während des Projektverlaufs auf das Pastoralraummodell einer „Grosspfarrei“ Seeland umgeschwenkt sind. Da ist einiges auf die Projektgruppe zugekommen: Nach aussen hin musste die eine neue Pfarrei gut kommuniziert werden; intern wurde die Frage der Pastoralraumleitung nochmals diskutiert; die notwendigen „Umbaumassnahmen“ auf die eine Pfarrei hin mussten eingeleitet und in Angriff genommen werden.

«Wir gestalten den Pastoralraum für die Zukunft der katholischen Kirche im Seeland.»

M.-L. Beyeler: Wir sind „de bonne foi“ in den Prozess gestartet, als Seelsorgeteam hatten wir ja bereits zuvor partiell zusammengearbeitet. Wir sahen von Beginn an deutlich, dass wir mit den Pastoralraum nicht für den heutigen Personalbestand in der katholischen Kirche im Seeland gestalten, sondern für die Zukunft, für Zeiten, in denen weniger Seelsorgende hier tätig sein werden. Schwierigkeiten tauchten da auf, wo wir die Pfarrei-Mäuerchen überwinden, uns Gemeinsames vornehmen mussten. Da waren auf einmal geografische Distanzen, Pfarreikulturen, Festhalten an Gewohntem ein Thema – und wir stagnierten. Es war nötig und ist im Rückblick ein Segen, dass uns dann unsere Projektbegleiterin Theres Spirig Huber anfeuerte und auf neue Denk-Wege schickte.

«Schwierigkeiten tauchten da auf, wo wir die Pfarrei-Mäuerchen überwinden mussten.»

Gibt es neue Ansprechpersonen für die Gläubigen?

M. Neufeld: An neue Gesichter müssen sich die Gläubigen nicht gewöhnen. Allerdings teilen wir unsere Zusammenarbeit im Seelsorgeteam nach territorialen und kategorialen Gesichtspunkten neu auf. So gibt es für jedes der vier Pfarreizentren eine Ansprechperson aus dem Seelsorgeteam, welche für die Koordination der Arbeiten und Anlässe vor Ort zuständig ist. Für einige Bereiche wie Katechese, Kirchenmusik und Administration sind künftig kategoriale Ansprechpersonen für den ganzen Pastoralraum tätig. Das entlastet die bisherigen Gemeindeleiter, welche dadurch mehr Ressourcen für die Umsetzung der pastoralen Schwerpunkte bekommen.

M.-L. Beyeler: Jein. So ist im Pfarreizentrum Lyss wie bisher Diakon Thomas Weber zuständig für die Seelsorge, im Pfarreizentrum bleibt dies Eberhard Jost. Im Pfarreizentrum Täuffelen ist die Katechetin und Jugendarbeiterin Magdalena Mühling vor Ort, in Büren a. A. übernimmt neu der Theologe Jerko Bozic die Koordination und ist mit mir zusammen Ansprechperson für die Gläubigen.

«Für Katechese, Kirchenmusik und Administration sind künftig kategoriale Ansprechpersonen im Pastoralraum tätig.»

Was wünschen Sie sich für den Pastoralraum Seeland?

M. Neufeld: Dass der Glaube wächst und gedeiht, und die Menschen im Pastoralraum die Früchte des Glaubens miteinander teilen und geniessen.

M.-L. Beyeler: Die Begleitung des Heiligen Geistes!